Kinder und Medien – ein heikles Thema. Wir meinen, die perfekte Balance gefunden zu haben. Die sagen wir aber nicht zu laut. Man weiß ja nie, ob wir uns dadurch in den Augen der anderen Eltern nicht zu Geächteten machen. Weiterlesen „TV Total“
Geburtstage – der Kampf ums Prestige
Schelmas Geburtstag rückt näher. Dabei ist das Trauma ihres vorangegangenen Jahrestages noch immer präsent. Wie schön hatten wir uns das damals vorgestellt. Einträchtig mit Freunden und Kindern im Park, Spielplatz gleich nebenan, Picknickdecke, darauf vegane Muffins, Recycling-Besteck, ein Kindergeburtstag im Zeichen der Freundschaft und Nachhaltigkeit.
Es wurde zu einem Trauma.
Schelma war noch in der Kita, als wir schwer bepackt wie zwei Mulis mit unseren Jutesäcken gen Park aufbrachen, eine Wegstrecke zu Fuß von 20 Minuten. Dass sich die Wolken am Himmel zusammenzogen, maßen wir keine Bedeutung bei. Was kurz danach folgte, war Armageddon. Der Sturzbach des Jahres, die Charlottenburger Sintflut, Schreie, Verzweiflung, Angst. Wirklich erholt von diesem Trauma haben wir uns nie wieder. Und nun erneut, gerade einmal 12 Monate später, viel zu kurz, um all das psychisch aufzuarbeiten, nun schon wieder also: Geburtstag.
Vielleicht hatte ich es einfach verdrängt. Wie man es mit Traumata eben so macht. Doch ich musste bei der Suche nach der geeigneten Geburtstagslocation nur das Wort „Park“ erwähnen, als Schelmas Mama begann, unkontrolliert zu zucken und nur noch das Weiß ihrer Augen zu sehen war. Wo dann? In der Wohnung? Lieber nicht. Wir hatten gerade erst Schelmas ersten Übernachtungsgast beherbergt. Danach hatten die Handwerker anrücken und wir unsere Hausratsversicherung noch einmal anpassen müssen.
Und das war ja beileibe nicht das einzige Problem. In all den Jahrzehnten zwischen der eigenen Kindheit und der des Nachwuchses haben sich die Parameter scheinbar verschoben. Wenn Schelma zu den Geburtstagen ihrer Kita-Freundinnen eingeladen war, ging sie nicht einfach nur zu Feiern, sie ging zu Events. Wir kalkulierten unsere Nerven und unser Budget. Was wäre drin? Eine Meerjungfrauen- und Piratenparty? Hat es schon mal gegeben. Vielleicht ein Helikopterrundflug über Berlin? Das würde die Messlatte für die kommenden Jahre ins Unermessliche steigern. Dann also doch: Kindercafé buchen und versuchen, die Kosten gering zu halten.
In den Tagen zuvor vermesse ich das Territorium, krieche in Büschen umher, suche nach Verstecken für Schnitzeljadgen, analysiere das soziokulturelle Umfeld im Kiez, messe die Ampelphasen, klicke mich seitensweise durch Handlungsanweisungen für Kindergeburtstage. Noch in der Nacht vor dem Geburtstag brüte ich über der Schnitzeljagd, versuche, alle beim Geburtstag vertretenen Nationalitäten und Sprachen zu berücksichtigen – und genauso den Fakt, dass diesmal nicht das Unwetter, sondern der Hitzetag des Jahres angesagt worden ist. Nicht nur deshalb schwitzen wir Wasser. Wird es den Kindern gefallen? Wie wird unser Rating ausfallen? Bekommen wir ein Hashtag wie #boringbirthday und werden zur Schande der Kita-Netzgemeinde?

Als drei Stunden später alle Kinder von ihren Eltern abgeholt worden sind und ich mich über die letzten Reste Fischstäbchen auf der Geburtstagsplatte hermache, weiß ich: Es ist ja doch nur ein Kindergeburtstag.
Auch heute noch kann man Kinder mit Stiller Post zufriedenstellen. Auch heute noch haben sie Spaß am Eierlaufen. Auch heute noch reicht ihnen ein bisschen Saft, ein paar Pommes und ihre Gesellschaft, um einen Geburtstag zu feiern, von dem jeder müde und zufrieden nach Hause geht. Zumindest das hat sich in all den Jahrzehnten nicht geändert. Nur vielleicht haben sich die Eltern etwas gewandelt.
Grüne Träume
Wir wollen uns vergrößern. Nicht biologisch. Räumlich. Wird schon klappen, denken wir. Kann ja nicht so schwer sein, denken wir. Muss doch möglich sein, etwas zu finden, denken wir. Bezahlbar. In Berlin.
Schon länger bewegen wir uns Richtung Mittelschicht. Zwei Einkommen. Ein Kind. Und zum ersten Mal bei einer Wahl das Kreuz für die Grünen gesetzt. Dass wir bio essen, versteht sich von selbst. Was fehlt nun noch? Klar, eine Eigentumswohnung.
Wir haben gespart. Ganz schön viel sogar. Vielleicht ist es eine tief in meinem Unterbewusstsein vergrabene Angst. Vielleicht auch einfach nur Feigheit. Vielleicht auch nur deutsches Denken. Aber nichts schaudert mir so sehr, wie Schuldner zu sein. Nur die Realität zwingt mich zu Anpassungen.
In diesem Jahr wollen wir unser Langzeitprojekt realisieren. In meiner naiven Denkweise stelle ich mir vor, wie wir ein paar Kataloge durchblättern, 2-3 Besichtigungen durchführen und dann den Deckel draufmachen, zur Sparkasse gehen und unser neues Eigentumswohnungsleben beginnen.
Dort, wo wir herkommen, wäre das von der Realität gar nicht einmal so weit weg gewesen. Ein Haus ab 9.000 Euro, ein Bauernhof ab 30.000 Euro. Mit einer kleinen zusätzlichen Finanzspritze hätten wir uns fast ein kleines Dorf zusammenkaufen können. Aber wir sind ja nun urban und müssen nach den urbanen Regeln spielen.
Die sorgen zumindest dafür, dass wir viel Zeit sparen können. Denn Angebote in unserer finanziellen Gewichtsklasse sind rar. Und dazu noch unsere Extrawünsche: Möglichst mit Balkon, grünes (was sonst?) Umfeld, gute Verkehrsanbindung. Um das Ende der Geschichte vorweg zu nehmen: In fünf Monaten treffen 10 Angebote auf diese Kriterien zu. Fünf davon sind bereits verkauft, bevor wir überhaupt einen Besichtigungstermin vereinbaren können.
Man muss schnell sein, das haben wir gemerkt. In Reinickendorf zum Beispiel. Verlockendes Angebot, auf den ersten Blick eine gepflegte Umgebung, die Wohnung selbst gut geschnitten – wenn man von dem leichten Messie-Charakter absieht, den die angebrochenen Starkbierflaschen hinterlassen. Die Interessenten geben sich beim Makler die Klinke in die Hand. Ein schwules Pärchen schüttelt ihm ausufernd die Hände zum Abschied, als wir eintreffen.
Dann erzählt er uns dieselben Geschichten, die er an diesem Tag 20, 30 Mal erzählt. „Ein Pärchen hat mir sogar Kuchen mitgebracht, total süß“, berichtet er mir und sieht mich, so kommt es mir vor, erwartungsvoll an. Ich krame in der Tasche, kann ihm aber nur ein Kaugummi anbieten. Da habe ich zum ersten Mal die Ahnung, dass das hier und heute nix wird. Zwischendurch wischt er auf seinem Handy rum. „Ha, die denken, die Wohnung gehört ihnen schon“, lacht er. Der Rest seines Satzes geht im Lärm unter. Reinickendorf. Einflugschneise von Tegel. Vielleicht deshalb der gute Preis.
„Gewöhnt man sich denn daran?“ frage ich, um den Smalltalk nicht abbrechen zu lassen.
„Wissen Sie, ich habe ein Penthouse in München, direkt neben einer Schule, aber die Schulklingel nehme ich schon gar nicht mehr wahr.“
Nun weiß ich nicht, ob man eine Schulklingel mit einer Boeing gleichsetzen kann, aber allein das Penthouse in München macht ihn mir unsympathisch. Vor allem, da er nicht viel älter als ich zu sein scheint. Wir verabschieden uns, ohne uns ausufernd die Hände zu schütteln. Vielleicht statt Reinickendorf lieber Steglitz? Soll ja auch schön sein. Und grün.
Tatsächlich spucken unsere Suchabfragen eines Tages ein Angebot aus. Wir wollen clever sein und schauen uns die Lage bei einem Sonntagsausflug schonmal vorab an. Eigentlich nicht schlecht, denken wir. Wenn die Wohnung nicht direkt an der vierspurigen Straße läge. Genauer gesagt: An der Kreuzung, an der sich zwei vierspurige Straße treffen. Im Erdgeschoss. Am nächsten Tag sage ich den Besichtigungstermin ab und bei uns macht sich Resignation breit. Vielleicht doch lieber auswandern? Oder dem Bauernhof auf dem Land eine Chance geben?
Und dann passiert es doch. In unserer Familienchronik nennen wir es fortan das „Wunder von Westend“. Westend, fortan ein Name voller Süße, voller Morgenröte. Wir betreten die Wohnung und wissen: Das ist sie. Schelma schnappt sich den Zollstock des Maklers und vermisst ihr zukünftiges Zimmerchen. Wir blicken vom Balkon auf den Horizont und sehen, wie sich die Flugzeuge in der Ferne gen Erde senken. Über Reinickendorf.
Wir hingegen sind schon angekommen.

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